Ich glaube, es hackt. In Hamburg ist das Trinken alkoholischer Getränke im öffentlichen Nahverkehr verboten. Wieso, weshalb, warum?
In Frankfurt wird über ein Verbot noch diskutiert.
„Alkohol trinkende Personen verbreiten jedoch ein Gefühl der Unsicherheit, das andere Fahrgäste verschreckt“, meint Frankfurts CDU Fraktionsvorsitzender Helmut Heuser. Der arme, verschreckte Mann, vielleicht sollte man ihm helfen.
Passiver wie auch aktiver Umgang mit Alkohol sind erlernbar.
Erstens: Ängste ablegen. Ein wenig Alkohol tut weniger weh als eine Spritze beim Doktor.
Zweitens: Vorurteile abbauen. Alkohol lässt nicht zwangsläufig jeden Menschen zum Rowdy, Tunichtgut und Randalierer werden. Manche werden Propheten, Dichter oder schlafen einfach ein (nicht zu verwechseln mit sogenannten „Schläfern“: Die machens auch ohne Alkohol).
Drittens: Positive Aspekte annehmen. Alkohol ist das Kulturgut unserer westlichen Zivilisation. Er fördert Festlichkeit, Gemeinsamkeit und Lockerheit. Er erweckt spirituelle Erfahrungen jenseits von Katholizismus oder Räucherstäbchen – und (als Bonus für die CDU) ist zugleich vollständig integriert in christlicher Religion.
Viertens: Die Kirche im Dorf lassen.
Fünftens: Wie soll man ein Spiel der Eintracht ertragen ohne davor und danach in der Bahn ein Bier zu trinken?
Sechstens: Alleine oder mit mehreren im Auto trinken ist ja auch nicht besser.
Siebtens: Haben Sie mal überlegt, wieviele Menschen aggressiv werden, wenn sie KEIN Alkohol mehr in der S-Bahn trinken dürfen?
Achtens: Wer, bitte sehr, fühlt sich warum verschreckt durch Alkohol trinkende Personen? Aggressive Personen im öffentlichen Nahverkehr sind aggressiv ganz unabhängig davon, ob sie in diesem Augenblick gerade eine offene Flasche in der Hand halten oder nicht.
Fazit: Alkohol trinkende Menschen im öffentlichen Personennahverkehr sollten nicht mehr verschrecken als zum Beispiel Kinder, die in Hofeingängen Flohmarktstände aufgebaut haben.
So ein Kind sprang mich kürzlich an, als ich die Waldschmidtstraße entlang ging. „Wollen Sie was kaufen?“ Quakte von links eine Stimme und zwei Mädchen grinsten hinter einem Tisch voller selbst gebasteltem Allerlei.
Sehr beeindruckt hat mich eine Panflöte aus Strohhalmen, aber gekauft habe ich schließlich ein Türschild mit der Aufschrift: „Komm doch BITTE herein“ – oben eine aufgemalte Sonne, unten ein lächelndes Gesicht. Und seitdem höre ich die Dame meines Herzens kichern, bevor sie ins Zimmer tritt.
Gerne hätte ich die beiden Mädchen gefragt, ob sie auch Luftgitarren verkaufen, denn so eine wollte ich schon immer mal verschenken. Letzten Freitag wurde eine deutsche Studentin Weltmeisterin an der Luftgitarre. Das Motto dieser Weltmeisterschaft im finnischen Oulu lautete „spiel Gitarre für den Weltfrieden“, so könnte ich mit meinem Geschenk Gutes tun und, falls es nicht gefällt, wäre es einfach und umweltschonend zu entsorgen. Das Üben an der Luftgitarre macht zudem keinen Lärm und darüber werden sich am meisten die Kohlmeisen freuen.
Wer das wunderbare Buch „Die sexuellen Phantasien der Kohlmeisen“ von Jörg Metes und Tex Rubinowitz kennt, weiß, von was Kohlmeisen träumen – um so trauriger, dass es immer öfters beim Träumen bleibt. Um im zunehmenden Lärm der Städte von ihren Weibchen gehört zu werden, müssen männliche Kohlmeisen in höheren Tonlagen singen. Das hohe Gezwitscher klingt überhaupt nicht sexy und immer mehr Weibchen brennen mit einem Zugvogel oder einer Blaumeise durch.
Was bleibt den männlichen Kohlmeisen dann noch außer Alkohol?
Vielleicht ein Ausflug mit der S-Bahn in den Taunus. Bis es einem auffällt: Singende Meisen verbreiten ein Gefühl der Unsicherheit, das andere Fahrgäste verschreckt - und man kann mit Kanonen nicht nur auf Spatzen schießen.
Dann ist auch damit Schluss.
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