Geschichten, Glossen, Satiren, Humor, Unsinn, Erleuchtung - ich lache auch für Kalauer

Mittwoch, 16. November 2011

In der 1. Klasse nach Lille: Unterwegs mit dem Bratwurstkönig und einem belgischen Zuhälter

Ja ja, die Bahn. Da will man gar nicht immer über die Bahn spötteln, viel lieber möchte man glücklich mit ihr, in ihr und trotz ihr sein – und dann flattert einem ein Flyer ins Haus, mit der all zu billigen Fangfrage:

„Sind Sie auch ein 1. Klasse-Typ?“

Hut ab, vor so viel gewiefter Psychologie. 

Unter dem Text das Bild eines grau melierten, doch jugendlich wirkenden Mannes, der sowohl zum Golfplatz als auch zum Kaffee bei der Schwiegermama unterwegs sein könnte. Für einen Ausflug nach Lille reicht das Geld nicht, aber dazu später mehr.

Das ist also der Typus 1.-Klasse. Schade. Erste Klasse wäre ich vielleicht gerne gefahren (man munkelt es gibt Zeitungen umsonst, Schokoladenplätzchen und belgische Gogo Tänzerinnen), aber mit diesem Typen in einen Topf geworfen zu werden – nein danke. 

Der 1.-Klasse-Typ ist „ein besonderer Typ“. Laut Bahn muss er häufig telefonieren (merken Sie, was für ein toller Hecht das ist?), aber statt ihn deswegen raus zu werfen oder gar nicht erst rein zu lassen, sorgt die Bahn für „optimierten Handy-Empfang". So kann er seine schmutzigen Gespräche führen, „wann immer er möchte“. 

Zugleich möchte der 1.-Klasse-Typ in aller Ruhe arbeiten. Pardon, in aller Ruhe „professionell Arbeiten“. Bedeutet das, pro Abteil darf jeweils nur ein 1.-Klasse-Typ sitzen, der entweder telefoniert oder die Ruhe hat zum professionellen Arbeiten, oder (auch das eine der high-service Optionen), sich einfach zurück lehnt und es sich bequem macht?

Ansonsten sollte der 1.-Klasse-Typ darauf bedacht sein, jeden Vorteil wahr zu nehmen, der sich ihm bietet. Das ist die smarte Art von Egoismus: Nicht in der Schlange vordrängeln, sondern einen eigenen Schalter ohne Schlange haben. 

Wie wird man zu einem 1.-Klasse-Typen? Natürlich indem man zahlt, denn wie bei jeder guten Hure gibt’s auch bei der Bahn den Service nur für Geld. 

Doch kommen wir zu den Vorteilen, die die Bahn bietet, auch wenn man kein toller Hecht sondern vielleicht nur ein armes Schwein ist: 

Sie bringt uns an ferne Orte, an exotische Orte, an absurde Orte. Wie wäre es mit einem Ausflug ins 1. Deutsche Bratwurstmuseum?

Braucht kein 1. Klasse Abteil:
Der Bratwurstkönig
Es heißt:

„Die Thüringer Bratwurst hat mit dem 28. Mai 2006, der Eröffnung des 1. Deutschen Bratwurstmuseums in Holzhausen, ein zu Hause“

Endlich, die Bratwurst, auch die kleinen Bratwürstchen, auch Oma Wurst und Opa Brät, haben ein zu Hause! Ich gönne es der ganzen Bratwurst-Familie. Vor allem aber freut mich, dass es ein weiteres Wort mit drei „u“ gibt. 

Bisher kannte ich nur die Lousianalulu und die Bumsboutique. Falls Sie jetzt denken, einen Namen wie Lousianalulu gibt’s im echten Leben gar nicht, dann kennen Sie sich im Rotlichtmilieu nicht aus.

Sagt Ihnen der Name Dodo la saumure etwas? Den gibt es wirklich. Dodo la saumure ist der Ganoven-Spitzname eines belgischen Zuhälter, der das Liller Hotel Carlton (eine Art Bumsboutique) mit Prostituierten versorgt hat. Dodo la saumure heißt auf deutsch nichts anderes als (bestimmt wissen Sie es bereits) : Dodo, die Salzlake. Wie seine Ganoven-Kollegen genannt werden, weiß ich nicht, tippe aber auf Louis, das Murmeltier und Jean Baptiste, das andere Murmeltier.

Doch weg von den Schweinereien, hin zu Schweineprodukten. 

Das 1. Deutsche Bratwurstmuseum bewirbt seine Attraktionen mit der Aussage „Das gibt’s nur bei uns!“ Und damit haben sie verdammt recht. Sowas könnte sich nicht mal Dodo die Salzlake ausdenken. Es gibt:

„die größte begehbare Bratwurst der Welt“

„einen Bratwurstkreisel“

„einen Bratwurstkönig“

„einen Bratwurstsongcontest“

„eine Bratwurstiade“

Wer sich akademisch bilden möchte, kann ein „Bratwurstseminar“ mit einem „Bratwurstdiplom“ abschließen.

Und für alle Kulturinteressierten spielt das Bratwursttheater „Hans Wurst und die Liebesbratwurst“.

Was sich so lecker anhört, kann nur gut sein. Da weiß man, was man hat und das sieht man auch auf einem Bild: Mehrere schmerbäuchige Mannsbilder stehen sichtlich beeindruckt vor einem überdimensionierten Wiegemesser und denken im besten Fall an ihre Metzger, im schlimmsten an ihre Frauen, im allerbesten an einen 1.-Klasse-Typen.

Und damit gebe ich zurück an die angeschlossenen Wursthäuser...

Ihr MBW

2 Kommentare:

Sonja hat gesagt…

Lieber Meinblogwalter,
ich konnte mich lange nicht mehr bei ihnen melden, was ich sehr bedaure, doch Sie werden verstehen, weshalb:
Als ich geschäftlich in Richtung Holzhausen unterwegs war, um einen wichtigen Deal (Aktion Rettet die Thüringer Wurst) abzuschließen, habe ich doch tatsächlich meine große Liebe Dadu, der Froschlurch, im 1. klasse Abteil getroffen- Nun was meinen Sie,in der tat gab es für uns nur eines:Eine spontane Hochzeit im Bratwurst Museum. Denn nachdem wir dort gemeinsam unser Bratwurstdiplom abgelegt hatten, war usn wieder bewusst, was unsverbindet und was wir aneinander haben. In diesem Sinne, fahren Sie weiterhin Bahn und verzeihen einer Geschäftsfrau wie mir das telefonieren. Wir mussten vom zug aus unser Glück allen per handy mitteilen.
Nun geht es ab in die Flitterwochen, wahrscheinlich nach Argentinien, dort soll es wunderbare Steakhaäser geben
Bis demnächst, Ihre Sonja

Unknown hat gesagt…

Liebe Sonja,
Das sind wirklich erfreuliche Nachrichten. Vor allem für die Bratwurst und den Lurch!
Ich wünsche Ihnen viel Glück mit Ihrer großen Liebe - und teilen Sie mir bitte mit, wie Sie Ihre Flitterwochen in Argentinischen Steakhäusern verbracht haben.
Viele Grüße, Ihr Meinblogwalter